Deutsch Intern
Lehrstuhl für neuere deutsche Literaturgeschichte

Selzer

David Selzer

Dissertationsthema:

Macht – Ohnmacht – Machtmissbrauch. Christliche Priesterfiguren in deutschen Dramen von der Aufklärung bis zur Gegenwart

Abstract

Die Untersuchung christlicher Priesterfiguren in deutschen Dramen von der Aufklärung bis zur Gegenwart vor dem Horizont von Macht, Ohnmacht und Machtmissbrauch ist das Ziel dieser Arbeit, die an der Schnittstelle von Neuerer deutscher Literaturgeschichte und Systematischer Theologie verortet ist und Berührungspunkte mit der Philosophie und der Soziologie aufweist.

Im Rahmen der theoretischen Erschließung der sich bereits außertextuell vollziehenden Konstituierung priesterlicher Macht ist die Auseinandersetzung mit verschiedenen machttheoretischen Ansätzen, welche die Wechselwirkung sozialer, politischer, religiöser und theologischer Mechanismen der Machtkonstituierung erklären und dabei nicht nur die individuelle, sondern zugleich die institutionelle und die gesellschaftliche Ebene berücksichtigen, unerlässlich. Auf dieser Grundlage, deren Ausgangs- und Bezugspunkt Michel Foucaults Diskurstheorie ist, die das Verhältnis von Literatur, Diskurs und Macht erhellt sowie Konzepte zur Erforschung von Machtkonstellationen, insbesondere das der Pastoralmacht, bereitstellt, erfolgt die Analyse der (De-)Konstruktion bzw. (De-)Stabilisierung priesterlicher Macht im und durch den Dramentext. Dabei werden die Rollen und Funktionen von Priesterfiguren als mächtigen Akteuren in den Diskursen, die in den deutschen Dramen von der Aufklärung bis zur Gegenwart verhandelt werden, ebenso in den Blick genommen wie die diskursive Qualität der Darstellung dieser Priesterfiguren.

Die (De-)Konstruktion priesterlicher Macht realisiert sich auch in Dramen insbesondere sprachlich und performativ. Die Gattung des Dramas lässt sich in diesem Zusammenhang als literarischer Diskursraum par excellence auffassen. Von besonderer Bedeutung für die (De-)Konstruktion der Macht des Priesters im Drama und durch das Drama sind jedoch seine spezifischen Kommunikationsformen: die alltägliche oder gesellige Rede mit beiläufigem Charakter, die öffentliche Rede mit politischem (Repräsentations-)Charakter, die belehrende Rede, vor allem in Form der Predigt, die biblisch-hermeneutische, dogmatische und moralische Aussagen verbindet, sowie die seelsorgerische, liturgische und sakramentale Rede, insbesondere in Form des Beichtgesprächs.

Diese Ausdrucksformen, die sich nicht zuletzt durch den theatral-performativen Charakter des priesterlich-geistlichen Sprechens auszeichnen, sind relevante Formen der Teilnahme von Priestern an Diskursen. So verfügen sie über kommunikativ mächtige Mittel, um Gesellschaftskritik zu äußern und unmoralisches Einzelhandeln wie soziale Missstände zu entlarven, d.h. auch: Diskurse (mit) zu (de-)konstruieren. Für den Priester ergeben sich dabei die diskursive Praxis prägende, machtbezogene Konflikte, die seine Identität, seinen politischen Einfluss, sein Lehramt und sein Richteramt betreffen. Von besonderem Interesse ist sein Umgang mit den damit verbundenen Machtressourcen Charisma, politische Gewalt, Wissen und Gnade.

Vor diesem Horizont wird die Mitwirkung christlicher Priesterfiguren an unterschiedlichen Diskursen in Dramen, von Lessings Nathan der Weise (1779) bis hin zu Ferdinand von Schirachs GOTT (2020), exemplarisch in mehreren Detailanalysen im Close Reading untersucht. Als große Diskursfelder lassen sich die folgenden Bereiche ausmachen: Gesellschaft, Politik und staatliche wie kirchliche Macht, Moral und Ethik, Religion und Theologie, Wissen und Wissenschaft sowie Poetik und Poetologie.

CV

Seit WiSe 2022/23

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

11/2022

Erstes Staatsexamen

Abschlussarbeit: „Patrick Roths Poetik des (Wieder-)Erkennens: Auferstehung und Wandlung in Mulholland Drive: Magdalena am Grab und Corpus Christi“ (Betreuerinnen: Prof. Dr. Stephanie Catani und Prof. Dr. Lucia Scherzberg)

10/2019–11/2022

Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes

WiSe 2017/18–SoSe 2022

Studium der Fächer Deutsch und Katholische Religion für das Lehramt für die Sekundarstufe I und für die Sekundarstufe II (Gymnasien und Gemeinschaftsschulen) an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken

* 1999